BarCamp - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

In seiner unnachahmlich charmanten Art hat Franz Patzig ein paar klärende Worte zum Thema "Barcamps heute" gefunden:
BarCamp - die Profiteure greifen nach dem Format

Er nennt ein paar Dinge, die auch mich in letzter Zeit gestört haben. Vor allem, wenn man per Google-Alert auf Pressemitteilungen zu Barcamps stößt, die den Satz beinhalten:
"Auf den ersten Barcamps tauschten sich kalifornische Internetblogger über Computertechnik aus."

Pardon: Der Satz dürfte von niemandem stammen, der sich schon mal auch nur mental einem Blog, Barcamp oder gar dem Internet mehr als auf mehrere Kilometer genähert hat. (Internetblogger? Wassn das? Leute die Web-Blogs schreiben, wahscheinlich...)

Franz' Headline ist sicher absichtlich reißerisch gewählt, um Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Natürlich werden Barcamps von Firmen und anderern Institutionen ermöglicht, die es finanzieren. Und natürlich ist es OK, wenn den Firmen auch Aufmerksamkeit zuteil wird.

An reinen Sachkosten kostet ein Camp ca. 10-20.000 EUR, Räume und Reinigung, Netznutzung und Technik kommen dazu.
Wenn eine Firma einen Mitarbeiter (oder mehrere abstellt, kommt nochmal etwas Geld zusammen, so 1-2 Mannwochen muss man schon insgesamt rechnen.

Aber was hat eine Firma davon? Bringt es wirklich viel, wenn man entsprechende Meldungen zu openPR oder ähnlichen Portalen stellt?

Sicher ist es prima und wünschenswert, wenn möglichst Viele von der Barcampidee erfahren. Newbie-Quoten von 30-75% sprechen da für sich. Das kommt nicht vom Bloggen und Twittern allein zusammen.

Ob aber der druchschnittliche Zeitungsleser das ideale Ziel für PR dieser Art ist?

Wo profitieren Firmen wirklich?

Meiner Ansicht nach:

* Wenn man 10 Mitarbeiter aufs Barcamp schickt, das man mit 2000 EUR gesponsort hat, dann kostet die Wochenendfortbldung noch 200 EUR/Nase plus Hotel und Fahrt:Schnäppchen.
* Wenn 200 bloggende und twitternde Multiplikatoren diese 10 Mitarbeiter kennenlernen und als 'echte Commuitymitglieder' treffen und sich mit ihnen vernetzen können: unbezahlbar.
* Wenn manche der Anwesenden oder von Ferne zusehenden dann eventuell erwägen, ihre Arbeitskraft der Firma zur Verfügung zu stellen: Massiv billiger als jede Jobanzeige (Sorry, FAZ).

Wenn aber die Firma mit PR-Meldungen an die Öffentlichkeit tritt, bei dem jedes Communitymitglied den Kopf schütteln muss (und das obige Zitat ist nicht die einzige Peinlichkeit, die man auch an anderer Stelle liest) - dann ist die Marke in der Szene erstmal 'verbrannt': "Das waren doch die mit...".

Und der Community-Marke "Barcamp" tut es sicher nicht gut, wenn Werbeagenturen semi-interne Events als "Barcamp" unters Volk bringen.

So als Tipp: es gibt noch den Ausdruck 'open Space', der ist dafür auch geeignet und eben KEINE Community Mark.

Firmenbeteiligung an Barcamps: ja bitte.
respektieren der Community dabei: sowieso.
So klappt es auch in der Zukunft.

Disclosure: Am Fucamp habe ich in Eigenschaft eines Lehrbeauftragten der HFU mitorganisiert. Auch Leute, die angestellt sind, arbeiten im Auftrag ihrer Firma und in der Arbeitszeit an Barcamporgas mit, als Freelancer muss ich nicht zwingend auf eine ähnliche Konstruktion verzichten.

Update:
'Best practice' wäre übrigens einfach, wenn eine Firma diejenige Pressemitteilung des Orga-Teams (ggf.) formulieren und verbreiten hilft, wenn aber das Orgateam daaruf achtet, dass die Community und nicht die PR für eine Einzelfirma oder einen Rahmenevent im Vordergrund steht.

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Kommentare

  1. Wow, 10-20K Euro fuer *ein* Barcamp exklusive Technik oder Reinigung? Ernsthaft? Bei wievielen Teilnehmern denn?

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    1. 20k bei +400 Teilnehmern bei zweitägigen Camps mit 2x Frühstück und Mittagessen, 1 x Abendessen, Party und T-shirts, evtl. Security und Versicherung was oft gefordert wird.

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    2. Ach ja, beim Fucamp haben wir innerhalb des 10.000-Budgets auch noch ich glaube 40-50*2 Übernachtungen gezahlt (ohen Frühstück, das gabs beim Camp *wink*winmk*. Teilnehmer: ca. 170.

      Noshowquote: Nahe NULL.
      (Furtwangen legt SEHR 'abgelegen' (=Mitten im Internet), deswegen versuchten wir über gesponsorte Hotelzimmer die Teilnehmerzahl zu 'motivieren': hat funktioniert.)

      Barcamp Bodensee hatte '40 Nächte' also ca. 20 Personen in er Juhe untergebracht.
      Da hatte ich dem einen oder anderen Sachspnsoring auch Beträge zugewiesene und war auch auf "virtuelle" 10.000 gekommen.

      wenn man kein volles Ctwering beitet, muss man damit rechnen, dass die Leute weglaufen (müssen) oder nach der Mittagspause verspätet wiederkommen. (Ich frag mich was passiert wenn 200 Leute über die 'günstigere' Furtwangener Gastronomie herfallen ;)

      Tim: Fandest du den Betrag jetzt viel oder wenig? versteht du jetzt auch, warum in DE das mit den 200$ schlecht als Limit funktioniert?

      Wenn übrigens das BC irgendwo ist, wo der Caterer exklusiv ist, dann kommen für 200 Leute auch schon mal allein 6000+ EUR auf die Cateringrechung. Leider.

      Das günstigeste was ich gesehen habe: Barcamp Alsace, 60 Leute, Kaffee Saft, gebäck zum frühstück, Lunch: (kostenlsoe) Sandwiches, die man bestellt hat beim Checkin, 1 Tag, 400 EUR + Sachleistung WLAN aufbauen, beamer stellen (gaub ich). Abendessen: Choucroute auf eigene Kasse. Geht schon auch ;) Location: Sowas wie die loke Wirtschaftförderung. die 400 hat eine DigitalAgentur bezahlt.

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  2. Zu den Kosten: ich kann mal unsere Zahlen (DesignCamp Cologne) beisteuern: 10k bei +150 Teilnehmern, zweitägiges Camp mit 2x Frühstück und Mittagessen, Party und T-shirts. Für das GamesCamp in Leipzig und Köln dürfte es das Doppelte werden - BarCamps sind daher sicher in Kostenregionen angekommen, die man nicht unterschätzen sollte und die nur mit Sponsoren finanzierbar sind. Zu den Inhalten / Weiterentwicklung: wie Blogs sind BarCamps noch nicht ausgegoren. Das präsentierte Wissen wird punktuell angeboten und verschwindet. Mir fehlt da der Wiki- / Dokumentationsgedanke - eine zentrale Instanz und DB für alle Vorträge wäre da sicher eine gute Sache. Zudem braucht es mehr Diskussion, ich hätte nämlich gerne mehr als 10 Minuten mit Oliver diskutiert wie man Dinge gebacken kriegt (GTD). Auch während der Sessions sollte es mehr Interaktion geben - ich "forsche" dazu gerade und denke wir müssen weg vom klösterlichen Frontalunterricht und dem Konferenzstil, der immer mehr einreisst. Das finde ich, ist m.E. ein wichtiges Problem, denn ich glaube viele BarCamp-Sessions könnten noch spontaner und spannender sein.

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    1. Ach ja, ich vergaß:

      Ich war immer bis 2h nachts wach, also da war GENUG Zeit zum Diskutieren über GTD ;)

      Das 'nett-working' außenrum gehört schon ZUM Programm ;)

      ich bin auch derjenige, der immer wieder sagt workshops, wo alle ihr spährliches wissen zusammenwerfen sind fast besser als Frontalkram. Das GTD-Ding hab ich früher in 2 Sessions gemacht, jetzt halt in einer. Aber das Gespräch kann man eben (wenn viele drüber bloggen - auch anderswo fortsetzen... Das ist ja die IDEE.

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    2. Mist, jetzt hat es meinen ersten KOmmentar geschluckt.

      'horrende KOsten' sind relativ:

      unter 60 EUR/Person hat es beim Fucamp gekostet
      - 40-50 Leute unterzubringen
      - Grillen mit 120 (ok, es gab "nur" Würste und Kartoffel/NudelSalat aus der Kilobox)
      - Frühstück und Mittag 2* für 170
      - Abendessen für 170
      - 10 Pizzas für das Aufräumteam
      - Karte für ein Nothandy (das Handy war ne Leihgabe ;) )
      - Freigetränke für alle

      Beim BC Bodensee sagte mir ein Studi, er (auch dank MItfahrgelegenheit) habe incl. Anreise 2,50 Ausgegeben (ich glaub für Trinken auf ner Raststätte), ich hätte mir als Studi auch nicht 200 EUR für Anreise und Übernmachtung leisten können.

      Und WENN wir 'viele verschiedene Leute' haben wollen und gerade auch JUNGE, dann ist 'all inclusive' eben nicht nur zum Bauch und Birne vollhauen sondern auch wichtig.

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    3. Ich fände es toll wenn BarCamps weg von der Art von Fullserviceveranstaltungen kommen könnten. Wenn sich jemand allen ernstes in der Feedbacksession über fehlendes Wasser beschwert haben wir einen Punkt erreicht an dem mir Orga echt auf den Magen schlägt. Ich glaube auch das jeder bereit wäre einen Fünfer abzudrücken (siehe PoltiCamp) und damit die NoShowRate zu verkleinern. Ganz ehrlich ich war beim GameCamp echt happy mal KEIN T-Shirt zu bekommen. Ich weiß nämlich langsam nicht mehr wohin damit. Klar ist das toll mit TShirts von 30 BarCamps angeben zu können und jedes Tee erzählt halt auch eine Geschichte. Nur die meisten ziehen es am Event nicht an und dann kann man es auch lassen.

      Essenstechnisch bin ich mit den Preisen extrem unzufrieden. Warum 8000 € für Catering, wenn man wie beim #fucamp auch mit bedeutend weniger auskommt inkl. Übernachtungskosten.

      Nur mal meine zwei Cent auf die Schnelle, Rest folgt via Blogbeitrag

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    4. Ich finde, wie is skizziert habe, es schon elegant wenn alles an einem Ort ist (bei den Camps, dei ich (mit) organisiert habe war AUCH dei Party (fr UND Sa) am Camport... )

      - Essenssuche zerfleddert das Camp (case: bc Berlin 1)
      - Beim Ortswechsel zur Party verliertt man Leute (case: alle grostadtcamps)
      - 5 _'private' mahlzeiten zumal noch auf messen -> No go für Leute, die nicht so viel Cash haben (Familienväter/Eltern und Studis ;) )

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  3. Na, dann sag' ich mal: lass' uns auf dem GamesCamp über unsere Themen und Ideen reden. Du - und natürlich alle Mitleser - sind herzlich eingeladen: gamescamp.mixxt.de Let's play!

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    1. Da ich Familie habe meide ich Spartencamps (JonetCamp & Buzzcamp sind bisher die Ausnahmen ...).

      Und Games sind auch nicht so mein Thema.

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  4. Trackback: Gelesenes: kurz und gut ::: XX
    Dieses Mal wieder eher ein Auszug nicht so übervoll wie vergangenen Samstag, die Linktipps: Bundesregierung geht konsequent gegen den Iran vor: Das Zusehen hat ein Ende! via Flocke yahoo über das Video von Neda Ahnungslos im Netz Artikel in ...

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  5. Trackback: Kommerz bei den Barcamps
    [...] Barcamps scheinen eine neue Schadstoffklasse erreicht zu haben: Zunehmend mehr Blogger und Barcamp Veteranen können sich [...]

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  6. Trackback: 25 Jahre Neuromancer, Barcamp-Entwicklungen, BPT09, Rede von Jörg Tauss, die Causa Thiesen und so weiter ;-)
    Na sieh an es gibt auch noch etwas erfreuliches. Neuromancer, der Roman von William Gibson wurde diesser Tage vor 25 Jahren veröffentlicht. Mit dem Buch wurde der Begriff Cyberspace eingeführt und viele Prophezeiungen über Technologien gemacht die eing...

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